I. Die Anfänge der Heidelberger Universität und ihrer Gründungsfakultäten
Am 23. Oktober 1385 unterzeichnete Papst Urban VI. das Gründungsprivileg der heute ältesten deutschen Hochschule. Mehr noch als bei den zuvor in Prag und Wien etablierten Universitäten erging die Genehmigung, hier ein studium generale nach dem Vorbild der Pariser Sorbonne anzubieten. Die so geschaffene Volluniversität umfasste von Beginn an die Artistenfakultät und die Hohen Schulen Theologie, Jurisprudenz und Medizin. Am 18. Oktober 1386 eröffnete die Hochschule mit einer feierlichen Messe, am Tag darauf wurde der Lehrbetrieb aufgenommen.
Anlass für die Gründung war das Schisma von 1378, als zum römischen Papst, den die Kurpfalz unterstützte, von französischer Seite ein Gegenpapst gewählt wurde. Den Studenten aus Deutschland wurde der Zugang zur Sorbonne verwehrt und zahlreiche Gelehrte wanderten aus Paris ab. So kam auch Marsilius von Inghen nach Heidelberg, der maßgeblich an der Einrichtung der Hochschule beteiligt war und auch deren Gründungsrektor wurde.
Der Rektor wurde aus dem Kreis der Magister gewählt, außerdem wurde das Amt eines Kanzlers eingerichtet, das jeweils der Wormser Dompropst innehatte. Seine Aufgabe lag vor allem in der Aufsicht über Prüfungsangelegenheiten und Promotionsvergaben. Das Konzept der Universität war das einer rechtlich eigenständigen Institution, die sich über Pfründen und diverse Vergünstigungen finanzierte.
In der pfälzischen Residenzstadt, der politischen Mitte des Territoriums der Kurpfalz, war mit der Hochschulgründung ein geistig-kulturelles Zentrum entstanden, in dem Gelehrte auch für Belange des Hofes ausgebildet werden konnten.
Mit ihrem heutigen Namen ehrt die Ruprecht-Karls-Universität ihren Gründer, Kurfürst Ruprecht I., sowie Großherzog Karl-Friedrich von Baden, der 1803 die Universität reorganisierte und zur staatlich finanzierten Lehranstalt machte.
Der kurpfälzische Hof und die Universität
Die Beziehungen und gegenseitigen Abhängigkeiten von Hof und Universität, die seit der Gründung der Hochschule 1386 bestanden, waren vielfältig. So wurden die Professoren und Dozenten neben ihren eigentlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Forschung und der Lehre von den Kurfürsten gerne für weitere Aufgaben in Anspruch genommen.
Theologen fungierten als Prediger bei Hofe oder verfassten Schriften zu den innerkonfessionellen Streitigkeiten, Juristen wurden mit diplomatischen Aufgaben betraut und gutachteten in Streitfällen für ihre Landsherren, Mediziner standen als Leibärzte zur Verfügung. Für Lobreden und Gedichte zu feierlichen Anlässen oder auch für das allgemeine Fürstenlob griff man gerne auf die literarischen und rhetorischen Fähigkeiten der Universitätsangehörigen zurück.
Umgekehrt setzten sich die Kurfürsten für 'ihre' Universität ein, indem sie beispielsweise als Schlichter bei Streitigkeiten zwischen der Hochschule und anderen Institutionen oder Einzelpersonen auftraten. Auch im Bezug auf die Berufung von Lehrkräften, ihre Entlassung oder die Höhe ihre Bezüge war die Meinung der Regierenden ausschlaggebend.
Direkten Einfluss auf die Universität und vor allem auf die dort gelehrten Inhalte nahmen die Landesherren im Zusammenhang mit den Statuten und Reformationen – also den verbindlichen Neuregelungen –, die unter ihrem Namen durchgeführt wurden. So erließ Kurfürst Friedrich I. 1452 eine Statutenreform, die neben der bislang einzig gelehrten philosophischen Schule des Nominalismus auch die des Realismus zuließ.
Eine weitere Änderung, die über mehr als zwei Jahrhunderte Bestand hatte, vollzog sich 1558 unter Kurfürst Ottheinrich. Er hatte 1556 in der Kurpfalz bereits die Reformation eingeführt. Unter Mitarbeit von Philipp Melanchthon gab er der Universität neue Statuten, die diese endgültig von einer kirchlich-scholastischen Institution zur modernen, evangelisch geprägten, landesherrlichen Hochschule machten.
Nicht zuletzt begründeten die Heidelberger Kurfürsten als Förderer und Sammler von Literatur – beispielsweise durch die Begründung des „Musenhofs” im 15. Jahrhundert – maßgeblich die große Anziehungskraft Heidelbergs und seiner Universität.