IV. Die Macht der Minne
Von der Verfeinerung der Sitten
Das Turnier und die höfische Liebe gehören zusammen: Frauen waren auf Turnieren als Zuschauer anwesend; sie verliehen den Turnierpreis. Durch die Teilnahme der Damen konnte der Ritter öffentlich seine höfische Gesinnung und sein Streben nach Ruhm zeigen.
Spätestens seit dem 13. Jahrhundert war die Teilnahme von Frauen an den Reiterspielen üblich. Seither kämpfte der Ritter zum Ruhm seiner Dame, die als Zuschauerin von der Höhe der Mauern herab das Schauspiel ihres Ritters verfolgte.
Im Rahmen von Hoffesten entwickelte sich das sogenannten Tafelrundenturnier. Die Schilde der Ritter wurden in einem Baum neben dem Gralszelt aufgehängt. Wurde ein Wappen berührt, galt dies als Herausforderung zum Einzelkampf. Ähnlich zeigt es die um 1475 entstandene Illustration: Der schwarze Ritter kämpft vor einem Brunnen und einem wappengeschmückten Baum gegen Thebolt von Blois.
Zuvor hatte eine Jungfrau (Bl. 52r) durch gezielte Bogenschüsse auf die Wappen im Baum die Kämpfer bestimmt.
IV.32 Pontus und Sidonia, Stuttgart (?), Werkstatt Ludwig Henfflin, um 1475
UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 142, Bl. 52v: Turnier