IV. Die Macht der Minne
Die Ehe in der adeligen Familienpolitik
Adel braucht Herkunft: Das Bewusstsein einer in die Vergangenheit zurückreichenden Abstammung war den mittelalterlichen Adelshäusern eine zentrale Grundlage für die Legitimierung ihrer privilegierten Stellung. Die Wahl des Ehepartners war dadurch auch eine politische Entscheidung.
Hochzeiten resultierten aus familiärer Heiratspolitik zur Arrondierung von Besitz und zur Verbindung mit anderen Adelsfamilien. Mit stabilen Herrschaften entstand auch die Vorstellung einer über die Vater-Sohn-Folge konstruierten ‘Dynastie’.
Auf diesem Denken gründet auch die Chronik nach dem Muster von Weltchroniken, die der Heidelberger Hofkaplan Matthias von Kemnat (1425/30‒1465) für seinen Brotgeber, Pfalzgraf Friedrich I. (1449/51‒76), anfertigte. Die wittelsbachische Familie seines Herrn führte er dabei kühn auf die bereits von Karl dem Großen als Herzöge von Bayern eingesetzten Fürsten zurück.
IV.28 Matthias von Kemnat: Chronik Friedrichs I., Heidelberg, um 1476,
UB Heidelberg, Cod. Heid. NF 9, Bl. 17r: Stammbaum