IV. Die Macht der Minne
Dido und die tobende sucht der mynne in der „Eneit” des Heinrich von Veldeke, 1419
Liebe ohne Maß
Die von der höfischen Liebe geforderte mâze lässt keinen Raum für Handlungen, die sich zu sehr von unwägbaren Gefühlen leiten lassen. Negativbeispiel dafür ist Dido, die wegen der tobenden sucht der mynne Selbstmord begeht.
Heinrich von Veldeke setzt an den Anfang seines Romans „Eneit” die Geschichte von der Königin von Karthago und ihrer Liebe zum trojanischen Titelhelden Aeneas. Nachdem Dido von Aeneas verlassen wurde, wird ihre Liebe krankhaft, geradezu zu einer Sucht und zu einem manischen Verlangen. Sie stößt sich auf einem brennenden Scheiterhaufen einen Dolch ins Herz, ohne Rücksicht darauf, welche Folgen dieser Suizid für ihre Umgebung hat. Das Wesen der Minne, das in der „Eneit” in unzähligen Monologen ergründet wird, ist ohne eine gewisse, vernunftgeleitete Mäßigung undenkbar.
IV.10 Liebe ohne Maß
Heinrich von Veldeke: Eneit, Straßburg, Elsässische Werkstatt von 1418, 1419
UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 403, Bl. 32v
Universitaetsbibliothek Heidelberg