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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

Standorte der Universitätsbibliothek Heidelberg im 18. und 19. Jahrhundert

Die Universitätsbibliothek in der „Domus Wilhelmiana”

In zwei von ständigem Geldmangel geprägten Bauabschnitten, von 1712-1715/1716 und bis 1727, wurde an der Stelle des zerstörten „Casimirianums” als Universitätshauptgebäude die „Domus Wilhelmiana” errichtet. Ursprünglich wurde die durch die neuerlichen Verluste im Pfälzischen Erbfolgekrieg stark geschrumpfte Bibliothek in einem Raum im zweiten Obergeschoß aufgestellt. Bedingt durch das für die wachsenden Beständen ungenügende Platzangebot aber auch aus statischen und konservatorischen Gründen fand man es bald „unschicklich und unräthlich, die Bibliothec in dem dritten stock fürderhin zu belassen”.

Bereits 1773 und 1781 gab es daher Pläne, die Bibliotheksräume vom zweiten Obergeschoß in den Westflügel des Erdgeschosses zu verlegen. Geleitet wurde der Umbau der Räume in zwei Bibliothekssäle und ein Lesezimmer in den Jahren 1785 und 1786 von dem Professor für Zivil- und Militärbaukunst und Praktische Geometrie, Johann Andreas von Traitteur (1752-1825).

Mit dem Umzug im Jubiläumsjahr der Universität wurde die „akademische Bibliothek ... aus ihrem Kerker, wo sie mehrere Jahre verborgen lag, an das Tageslicht gebracht” (Hirsching, Bibliotheksreisen). Immerhin umfasste sie zu diesem Zeitpunkt bereits wieder über 12.000 Bücher. Nun konnte der Bestand endlich wieder genutzt werden: Täglich, außer an Sonn- und Feiertagen, war die Bibliothek zwei Stunden geöffnet. In der Regel durfte ein Akademiker allerdings nur ein Werk außer Haus ausleihen. Ausnahmen gab es nur auf besondere Empfehlung von Professoren oder anlässlich der Ausarbeitung einer Dissertation. Für die notwendigen Revisionen mußten zweimal im Jahr alle Bücher vorübergehend wieder abgegeben werden (Bibliotheksordnung von 1810).

1815 war die Universitätsbibliothek dann auf etwa 45.000 Bände angewachsen, die sechs Säle, also das gesamte Erdgeschoß, einnahmen. Ein Jahr später kamen als prominenter Zugang die deutschsprachigen Handschriften der ehemaligen Bibliotheca Palatina hinzu. Durch den Ankauf der mehrere 10.000 Exemplare umfassenden Bibliothek des Zisterzienserklosters Salem am Bodensee wurde der Gesamtbestand 1826/1827 erneut mehr als verdoppelt, so daß der Platz für die Unterbringung der Bücher in der „Domus Wilhelmiana”, dem Gebäude der heutigen „Alten Universität”, endgültig nicht mehr ausreichte.

Nach langen Jahren der Suche, fand sich mit dem ehemaligen Gebäude des Jesuitengymnasiums zwischen Augustiner- und Schulgasse ein neuer Standort für die Universitätsbibliothek Heidelberg, der zumindest vorübergehend genügend Raum bot.

Die Universitätsbibliothek im Gebäude Augustinergasse 15 von 1829 bis 1905

Das Haus Augustinergasse 15 war im Auftrag der Heidelberger Jesuiten von Johann Adam Breunig, der im Februar 1715 die Grundrißdisposition des Baus entworfen hatte, als „scholæ inferiores”, d. h. als Vorstufe für die ca. 12-16 Jährigen vor der Aufnahme in das Jesuitenkolleg erbaut worden. 1718 wurde das Gymnasium eingeweiht, obwohl der Bau sowohl was die Inneneinrichtung als auch seine Witterungsfestigkeit anging noch keineswegs fertiggestellt war. Hierin ist wohl auch der Grund zu suchen, daß für die Folgejahre noch zahlreiche bauliche Maßnahmen belegt sind. Nach der Auflösung des Jesuitenordens 1773 wurde das Gebäude von verschiedenen Stellen verwaltet, wobei der Lehrbetrieb meist fortgesetzt wurde. Während des ersten Koalitionskrieges gegen Frankreich (1792-1797) diente es dann als Lazarett und Magazin.

Bereits 1803/04 hatte sich die nun der badischen Staatsverwaltung unterstellte Universität bemüht, das Haus für die Unterbringung von Bibliothek und Sammlungen zu erwerben. Sie befand sich hierbei in Konkurrenz zu Johann Andreas von Traitteur. Dieser erhielt Anfang Oktober des Jahres für den Preis von 3.000 Gulden den Zuschlag für das Gebäude. Nach dem Kauf blieb das Haus für längere Zeit unbewohnt bis von Traitteur, der selbst Architekt war, verschiedene Umbauarbeiten vornahm; u.a. ließ er ein Mezzanin (niedriges Zwischengeschoß) einbauen, das durch die ebenfalls neuen Lunetten über der Fensterreihe des Erdgeschosses belichtet wurde.

Erst 1827 gelang es der Stadt, das ehemalige Jesuitengymnasium "nun für 9.500 Gulden" zu erwerben. Der Kaufpreis wurde mit der im selben Jahr vom Stadtrat beschlossenen Schenkung von 12.000 Gulden an die Universität für den Ankauf eines geeigneten „Lokals” für die Bibliothek verrechnet. Die restlichen 2.500 Gulden gingen in notwendige Umbaumaßnahmen.

1829 konnte die Bibliothek die aus extremem Platzmangel schon lange notwendigen neuen Räumlichkeiten endlich beziehen. Bis 1834 gebrauchte man nur die beiden unteren Stockwerke zur Aufstellung und zur Nutzung der Bücher, danach auch kleine Teile des dritten Geschosses. 1846 wurden aus statischen Gründen ‒ im obersten Stock mußte nun ein zusätzlicher großer Saal zur Unterbringung der Bücher bereitgestellt werden - weitere Umbauarbeiten vorgenommen.

Infolge der expandierenden Inanspruchnahme der Räumlichkeiten des Gebäudes kam der Bibliothekar Karl Zangemeister 1875 zu dem Schluß, daß spätestens nach zwei Jahren sämtliche Raumreserven erschöpft sein würden. Aufgrund steigender Studentenzahlen und des starken Zuwachses an Büchern behielt er Recht. Noch 1892 heißt es in einem Bericht „Die Bibliotheksverwaltung ist immer eifrig bestrebt zu bewirken, daß die Folgen dieses Nothstands ... den Benutzern sich möglichst wenig fühlbar machen. Aber bei aller Erfindungsgabe und allem guten Willen ist unter solchen, nun schon seit Jahren obwaltenden Mißständen, bei dieser Raumnoth, an welcher wir leiden, doch kein einigermaßen befriedigendes Ergebnis zu erzielen”.

1894 waren die Buchbestände bereits auf fünf verschiedene Gebäude verteilt. Ausgelagert wurden beispielsweise Dissertationen und Zeitungen. Zu den zeitweiligen Unterbringungsorten gehörte der Hexenturm und angemietete Häuser in der Seminarstraße und der Schulgasse. Bis zum Umzug in den seit 1893 angestrebten Neubau sollte der Platzmangel das Hauptproblem der Universitätsbibliothek bleiben.

Nach dem Auszug der Bibliothek aus dem Gebäude Augustinergasse 15 wurde es Anfang des 20. Jahrhunderts zum sogenannten „Seminarienhaus” umgebaut. In ihm sind bis heute verschiedene Universitätsinstitute untergebracht.

Die Vorgängerbauten auf dem Areal der heutigen Universitätsbibliothek

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