Navigation überspringen
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek


Lyrisches zum Welttag der Poesie: Die "Cent phrases pour éventails" von Paul Claudel

cent-phrases1

Der heutige Tag steht im Zeichen der Dichtkunst, denn der 21. März wurde von der UNESCO zum Welttag der Poesie erklärt. Grund genug heute einen kleinen Einblick in unsere umfangreichen lyrischen Bestände zu gewähren, indem wir einen Titel etwas genauer vorstellen, der auf ganz besondere Weise seinen Weg nach Heidelberg fand: eine außergewöhnliche Faksimile-Ausgabe der Cent phrases pour éventails von Paul Claudel.

Paul Claudel, ein französischer Dichter und Diplomat, begann während seines Aufenthaltes in Japan (1921-27) kurze, an die japanische Haiku-Dichtung angelehnte, aphoristische Gedichte zu schreiben, an denen der japanische Maler Tomita Keisen mitwirkte. Diese von Heiterkeit und Verführungskunst durchdrungenen Cent phrases pour éventails stellen eine Besonderheit im Gesamtwerk Claudels dar, das ansonsten von religiöser Moralität und großem lyrischen Ernst durchdrungen ist. Die bisher auch in Fachkreisen fast gänzlich unbekannten Cent Phrases sind nicht nur wegen des starken Einflusses der Haiku-Dichtung bedeutsam, sondern auch weil der Dialog der Kunstformen Malerei und Literatur in Europa zu dieser Zeit noch eine Besonderheit war.

Das Original, auf dessen Grundlage das Heidelberger Faksimile angefertigt wurde, befindet sich im Besitz der Universitätsbibliothek Cambridge. Es handelt sich um ein Exemplar einer auf 200 Exemplare limitierten Ausgabe aus dem Jahr 1927, in der Claudels „Fächersätze“ mit japanischen Ideogrammen des Kalligraphen Ikuma Arishima versehen wurden. Eine weitere Besonderheit dieser Ausgabe liegt darin, dass der Text nicht in Druckbuchstaben gesetzt ist, sondern im Lithograhie-Verfahren Claudels handschriftliche Ausführung wiedergibt, die dieser mit einem Pinsel getätigt hat. Die Ausgabe besteht aus drei Leporelli, welche sich in einer dazugehörigen, mit blaufarbener Seide gekleideten und mit zwei Verschlüssen aus Elfenbein versehenen Schachtel befinden. Diese Ausgabe der Cent Phrases ist äußerst selten; neben dem Cambridger Exemplar ist nur noch ein weiterer Besitznachweis der französischen Nationalbibliothek bekannt.

Dass die UB seit Ende letzten Jahres glücklicher Besitzer eines Faksimiles dieser raren Ausgabe der Cent Phrases ist, verdankt sie dem Engagement der Heidelberger Künstlerin und Schauspielerin Kornelia Roth, auf deren Initiative hin das Faksimile erstellt und an die UB übergeben wurde. Dazu musste durch Frau Roth zunächst die Zustimmung der Nachfahren Claudels und der Rechtenachfolger des Verlages (Editions Gallimard, Paris) zur Faksimilierung eingeholt werden. Anschließend wurde das Werk durch die Collection of Rare Books und den Imaging Service der Universitätsbibliothek Cambridge gescannt. Mit den zu günstigen Konditionen zur Verfügung gestellten Bilddateien aus Cambridge konnte das Faksimile schließlich bei City-Druck Heidelberg hergestellt werden. Finanziell unterstützt wurde das Projekt durch die Universitätsbibliothek Heidelberg und weitere private Sponsoren. Mittlerweile wurde das Faksimile bereits zweimal der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt  und fand dabei großen Anklang (Näheres dazu finden Sie hier und hier).

zum Seitenanfang