Gregorius – digital
Hartmann von Aue ist – zusammen mit Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg – einer der großen Klassiker der deutschen Literatur des Mittelalters. Der Gregorius gilt in der Forschung als sein vorletztes Werk, nach dem Armen Heinrich das zweite mit legendenhafter Thematik. Der Text ist in Reimpaarversen nach einer anonymen französischen Vorlage abgefasst und entstand wohl in den 90er Jahren des 12. Jahrhunderts. Der Gregorius ist die Erzählung von einem Mann, der trotz seiner Geburt aus einem Geschwisterinzest und seinem eigenen Inzest mit der Mutter im Erwachsenenalter nach härtester und langer Bußzeit durch göttliche Zeichen gerettet und zum Papst erhoben wird. Es ist also eine Geschichte über die Möglichkeit eines irdischen Lebens in Sünde, das dennoch zum Heil führen kann. Überliefert ist der Gregorius in sechs vollständigen Handschriften, eine aus dem 13., zwei aus dem 14. und die übrigen aus dem 15. Jahrhundert. Hinzu kommen sieben Fragmente aus dem 13. oder frühen 14. Jahrhundert. Die vollständige Präsentation des Materials und die digitale Edition mehrerer einzelner Handschriften will die Gregorius-Forschung auf eine völlig neue Grundlage stellen und dessen Textgeschichte neu beleuchten. Die Edition stellt sich damit in aktuelle Debatten zur Textkritik und Überlieferungsgeschichte höfischer Literatur und zur Frage nach mittelalterlicher Textvarianz im Allgemeinen. Gregorius – digital steht im Kontext der digitalen Editionen aller Erzähltexte Hartmanns von Aue (Erek – digital, Der Arme Heinrich – digital, Gregorius – digital). Ziel ist nicht nur die Aufarbeitung des gesamten Textmaterials dieses Autors, sondern vor allem auch die Umwandlung dieser Texte in maschinenlesbare Daten, die für die Forschung nutzbar gemacht werden sollen. In diesem Kontext entsteht auch die digitale Edition der altfranzösischen Vie de saint Grégoire – digital, sehr wahrscheinlich die Vorlage von Hartmanns Werk.
Laufzeit: 2024-2026