I. Ritual und Herrschaft
I.7 Das Heilige Römische Reich als Personenverband
Hartmann Schedel, Das Buch der Croniken und Geschichten, Nürnberg: Koberger 1493
Holzschnitt aus der Werkstatt von Michael Wohlgemut und Wilhelm Pleydenwurff
Heidelberg, Universitätsbibliothek, B 1554 B fol. INC, fol. 183b‒184a
Die Doppelseite in der Schedelschen Weltchronik zeigt das Heilige Römische Reich deutscher Nation nicht etwa als eine geographische Größe, sondern führt es als Personenverbund vor Augen.
Zuoberst in der Mitte thront der Kaiser. Zu seiner Rechten stehen die drei geistlichen, zu seiner Linken die vier weltlichen Kurfürsten. In der Ebene darunter sind durch ihre Wappen je vier Herzöge, Markgrafen, Landgrafen, Burggrafen, Grafen, Freiherren und Ritter vertreten.
Der Grund für diese Vierzahl lag in der Quaternionentheorie des Spätmittelalters. Das Reich war demnach nicht nur durch sein Haupt, sondern ebenso durch seine Glieder repräsentiert, vergegenwärtigt durch zehn Vierergruppen der Stände.
Hier ist der höhere und niedere Adel dargestellt, auf der nächsten Seite folgen Städte, Dörfer und Bauern. Der Zusammenhalt des Reiches basierte damit auf einem Netz persönlicher Treueversprechen.