HandSchrift – Bewährt mit Pinsel und Feder
Merswein
Die geschaffene Natur
Konrad von Megenbergs „Buch der Natur“ aus der Zeit um 1350 gehört zu den Bestsellern spätmittelalterlicher, wissensvermittelnder Literatur. Thematisch ist das Werk in mehrere „Bücher“ geordnet und befasst sich mit der göttlichen Schöpfung: den Menschen, den unterschiedlichen Tieren, Pflanzen und Mineralien sowie wundersamen Wesen.
Die Handschrift ist um 1440–1444 in der Werkstatt des Diebold Lauber zu Hagenau im Elsass entstanden. Aus ihr stammen noch zwei weitere Manuskripte des gleichen Textes. Alle drei Manuskripte gehören zu den frühesten illustrierten Kodizes des „Buchs der Natur“. Der Einfluss ihrer unbekannten Auftraggeber ist an einer unterschiedlichen Anzahl von Illustrationen ablesbar. Die Stuttgarter Handschrift nimmt dabei ein mittleres Ausstattungsniveau ein: Sie enthielt ursprünglich 49 Darstellungen, von denen zwei verloren gingen. Dabei steht jeweils zu Beginn eines Buches eine meist ganzseitige Illustration, welche mehrere der im Text geschilderten Tiere oder Pflanzen zusammenfassend wiedergibt. Außerdem enthalten die Handschriften innerhalb der Bücher weitere Federzeichnungen zu einzelnen Kapiteln.
Die aufgeschlagene Seite zeigt das „Merswein“ (Porcus marinus), das abweichend vom Text nicht als Fisch im Wasser gezeigt wird, sondern als vierbeiniger Eber vor einer mit Bäumen bestandenen Landschaft.
Die Handschrift stammt laut eigenhändigem Vermerk im hinteren Spiegel aus dem Besitz des Grafen Heinrich von Württemberg, Herr zu Mömpelgard (1448–1519). Er behauptet, das Manuskript habe sich ursprünglich im Besitz Kaiser Sigismunds und anschließend in dem seiner Nichte Elisabeth von Görlitz (1390–1451) befunden. Letzter Vorbesitzer war Joseph Uriot, erster Bibliothekar der 1765 gegründeten öffentlichen Bibliothek in Stuttgart.
I.19
Konrad von Megenberg: Buch der Natur, Hagenau, Werkstatt Diebold Lauber, um 1440–1444
Papier, 424 Bll., 40–40,5 x 28–29,5 cm, 47 ganzseitige, ungerahmte, kolorierte Federzeichnungen
WLB Stuttgart, Cod. med. et phys. 2° 14, Bl. 217v