HandSchrift – Bewährt mit Pinsel und Feder
Nicolaus de Lyra diktiert seinem Schreiber
Bibelauslegung in Wort und Bild: Nicolaus de Lyra
„Postilla sacrae scripturae“ lautet der Titel des Bibelkommentars, den der Franziskaner Nicolaus de Lyra (um 1270 – 1349) verfasst hat. Die Besonderheit dieses Kommentars liegt in der Beschränkung auf den Wortsinn. Obwohl von Anfang an Illustrationen vorgesehen waren, sind nur wenige der erhaltenen Exemplare illuminiert.
Trotz seines Umfangs fand er ausgesprochen weite Verbreitung. Bis heute existieren zahlreiche Handschriften von dem Gesamtwerk, Teilen wie zum Alten oder Neuen Testament oder zu einzelnen Büchern. Ihre Zahl wird auf 800-1.200 Bände geschätzt.
Der Stuttgarter Gesamtkommentar umfasst neun Bände, alle in ähnlicher Größe wie der hier gezeigte erste Band zu den Büchern „Genesis“ bis „Deuteronomium“. Die Schwerpunkte der Bebilderung liegen im ersten Band bei der Beschreibung der Stiftshütte, die vom Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten mitgeführt worden war.
Das ganzseitige Bild zu Beginn des Bandes präsentiert Autor und Schreiber der „Postilla“ in einem Innenraum. Beide tragen das Habit der Franziskaner, wobei Nicolaus de Lyra an seiner Kopfbedeckung zusätzlich als Lehrmeister zu erkennen ist. Er steht mit prüfendem Blick vor dem am Pult sitzenden und auf eine Rolle schreibenden Mönch.
Die Bildkompostion sowie stilistische Merkmale zeigen eine enge Verwandtschaft zu gleichzeitigen seeschwäbischen Arbeiten.
I.4
Nicolaus de Lyra: Postilla sacrae scripturae, Wiblingen, 1454
Pergament, 296 + IV (Papier) Bll., 36 x 26 cm, 6 Zierinitialen, 16 Miniaturen, 1 Schema
WLB Stuttgart, Cod. theol. et phil. 2° 350,1, Bl. 3v