I. Ritual und Herrschaft
I.1 Die Wahl des jungen Weisskunig
Der Weiß-Kunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten.
Von Marx Treitzsaurwein auf dessen Angeben zusammengetragen, Wien: Kurzböck 1775
Holzschnitt von Hans Burgkmair d. Ä., um 1514-1516Heidelberg, Universitätsbibliothek, G 5539 Folio RES, Abb. 66 nach S. 104
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Im Innern eines Zeltes sitzen sechs Fürsten im Halbkreis. Sie beratschlagen über die Wahl des Königs. Vor dem Zelt verfolgen einige Zuschauer die Szene.
Der Weisskunig, aus dem dieses Bild stammt, wurde von Kaiser Maximilian I. in Auftrag gegeben, um sein Leben und seine Taten literarisch zu überhöhen. Hinter dem Weisskunig – dem „weisen König“ – verbirgt sich demnach Maximilian I. selbst. Das im Bild dargestellte Ritual erinnert an seine Erhebung zum König am 16. Februar 1486 in Frankfurt.
An dieser Wahl waren ebenfalls nicht sieben, sondern nur sechs Königswähler beteiligt: Der Platz des Königs von Böhmen war unbesetzt geblieben, obwohl dieser seit der „Goldenen Bulle“ 1356 als Mitglied des Kurfürstengremiums galt. Da dieser Titel 1486 jedoch von zwei Anwärtern beansprucht wurde, verzichtete man auf beider Stimmen.