Der Affenspiegel – digital
Der Affenspiegel ist eine Münchner Satirezeitschrift, die mit wechselnden Untertiteln als „satyrisch-politische“ Wochenschrift ab Mai 1901 erschien. Die Erfolgsgeschichte des Affenspiegels – für die dritte Ausgabe wurde die Auflagenzahl vom Verlag etwas vollmundig mit 105.000 angegeben – war nur von kurzer Dauer, denn im selben Jahr wurde die Zeitschrift schon nach der Nr. 21 wieder eingestellt. Bis Februar 1902 wurde der Affenspiegel mit der Zeitschrift Frührot vereint weitergeführt. Mit ihrem auffallend großen Format von 67 x 37 cm und ihren ansprechend gestalteten, meist zweifarbigen Titelbildern, stach sie schon rein optisch aus dem reichen Angebot der Münchner Satireblätter heraus.
Bedeutende Zeichner waren u.a. R. L. Leonard, Paul Roloff und Max Köppen, die auch für andere, weitaus bekanntere Blätter wie die Jugend und den Simplicissimus tätig waren. Von Roloff stammt auch das hier abgebildete Titelbild der Nummer 10, das den Namen der Zeitschrift sinnfällig ins Bild setzt. Für die inhaltliche Ausrichtung des Satireblattes waren Robert Heymann als Herausgeber und Valentin Karl als Redakteur verantwortlich.
Neben einigen sehr starken Beiträgen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen im kolonialen Kontext, der Ausbeutung der Industriearbeiter und der kirchlichen Doppelmoral beschäftigten, fielen die sehr flachen und sexuell anzüglichen Witze, die den größten Teil des Blattes ausmachten, leider stark ab. Aufgrund seiner deutlich antiklerikalen, obrigkeits- und kapitalkritischen Ausrichtung wurde das Blatt allein in Bayern elf Mal mit Kolportageverbot belegt. Zudem wurden die Ausgaben Nr. 7 und Nr. 25 in Wien respektive München konfisziert. Im zweiten Fall wurde der verantwortliche Redakteur sogar zu einer sechswöchigen Haftstrafe verurteilt.
Der Affenspiegel: satyrische Wochenschrift
Der Affenspiegel: satyrisch-politische Wochenschrift
Frührot und der Affenspiegel: satyrisch-politische Wochenschriften
Weiterführende Literatur
- Debatin, Sarah: Der Affenspiegel – satyrische Wochenschrift, in: blog.arthistoricum.net, 2022 (07.12.2022)
- Hollweck, Ludwig: Karikaturen. Von den Fliegenden Blättern zum Simplicissimus 1844 bis 1914, München 1973
- Koch, Ursula E. und Markus Behmer (Hrsg.): Grobe Wahrheiten – Wahre Grobheiten. Feine Striche – Scharfe Stiche. Jugend, Simplicissimus und andere Karikaturen-Journale der Münchner „Belle Epoque“ als Spiegel und Zerrspiegel der kleinen und großen Welt, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Instituts für Kommunikationswissenschaften der Ludwigs-Maximilian-Universität München, München 1996
- Koch, Ursula E.: Politische Zensur in Deutschland bis 1914, in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte, hrsg. von Holger Böning, Arnulf Kutsch, Rudolf Stöber, Band 16, Stuttgart 2014, S. 147
- Rösemeier, Charlotte: Münchener satirische Zeitschriften 1900-1921 (Ohne Berücksichtigung der bekannten satirischen Blätter), Zeitung und Leben, Band 59, hrsg. von Karl d’Ester, Würzburg 1938