V. Wie wird in der Praxis gezeichnet?
Bücher als Wissensspeicher
Die Vorlagenbücher und Sammelalben konnten in verschiedener Hinsicht als Wissensspeicher dienen: Als Sammelalben von Motiven, die als Vorlagen in Künstlerwerkstätten zum Einsatz kamen oder einfach dem Studium dienten, als Sammlung von eigenen Skizzen sowie im Sinne eines modernen Kontaktbuchs, mit dem man neue Bekanntschaften festhielt.
Der Kupferstecher Hans Troschel (1585-1628) erwies sich mit seinem Reisbuchlein als „Kenner aktuellster Trends“. Sein Vorlagenbuch, das er erstmals 1622 einer Anfangenten Jugend widmete, schöpft ebenso wie zuvor Paul Göttichs Bändchen (II.5.4) eklektisch aus den Bildfindungen der Capricci des Lothringer Radierers Jacques Callot. Die hier besprochene, spätere Ausgabe wurde von Paul Fürst (1608-1666), einem findigen Nürnberger Verleger, der neben zahlreichen weiteren Formaten auch kritische Flugblätter über aktuelle Modetrends und ein Zeichenbuch (Theoria Artis Picturae, Nürnberg 1656) publizierte, veröffentlicht. Der Besitzer seines Zeichenbuchs hat sie dann ausgeschnitten und zusammen mit weiteren Vorlagenserien (Heiligenbildern, Götterdarstellungen) in einen neuen Sammelband eingeklebt.
V.9.1
Hans Troschel
Reisbuchlein für die Anfangente Jugent sich darinnen Zu uiben, Nürnberg: Fürst [1650]
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, HB 4023