V. Wie wird in der Praxis gezeichnet?
Auf dem Gemälde von Jan Josef Horemans (1682-1759) ist in einer nicht genauer bestimmbaren Loggienarchitektur eine monumentale Skulptur (nach Stefano Maderno) vom Kampf des Herkules mit Antaios zu sehen. Davor sitzt ein Zeichner, ein weiterer befindet sich mit einer Zeichenmappe unter dem Arm im Schatten dahinter. Bei näherem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass wider Erwarten deren Aufmerksamkeit nicht der Statuengruppe, sondern einer jungen Frau in gelbem Rock gilt, die von einem dritten Mann umworben zu werden scheint. Die Irritation wird noch dadurch gesteigert, dass sich ein vierter Mann daneben an einer Ecke des Gebäudes erleichtert, beobachtet von einem Bauernpaar im Hintergrund. In jedem Fall dürfte nicht nur die Abwendung der Zeichner von der Skulpturengruppe hin zu der jungen Frau, sondern auch der sein Wasser abschlagende Mann anzeigen, dass Horemans von der klassizistischen Kunstdoktrin nicht viel hielt. Sein Gemälde stellt programmatisch das ‚wahre Leben’, wie es die – in der Hierarchie der Gattungen eigentlich weniger bedeutsame – Genremalerei zeigt, dem lebensfernen Ideal der antikisch-akademischen Kunst entgegen.
V.3.1
Jan Josef Horemans d.Ä.
Gesellschaft mit Zeichnern vor einer Skulpturengruppe von Herkules und
Antaios, 1720er/30er Jahre (?)
Öl auf Leinwand, Signiert „JJ [ligiert] Horemans“
Privatsammlung