III. Wie wandern Zeichen-Vorlagen?
Leonardo: Tratatto della Pittura
Zwischen 1634 und 1638 hatte Nicolas Poussin im Auftrag des römischen Mäzens Cassiano dal Pozzo Illustrationen zu einem Manuskript gefertigt, das auf die vom Leonardo-Schüler Francesco Melzi als Libro di Pittura aufbereitete Sammlung von Schriften Leonardos zurückgeht. Publiziert wurde der Tratatto della Pittura/Traité élémentaire de la peinture erstmals in Paris in italienischer und französischer Sprache.
Die knapp über 50 Illustrationen der beiden Fassungen von 1651 wurden in späteren Ausgaben sowie in den Übersetzungen des Traktats übernommen. Seit der von Pierre-Franois Giffart verlegten französischen (1719, 21796) und der von Johann Georg Böhm besorgten deutschen Übersetzung (1724, 21747, 31786) wurden dagegen zumeist auf Umrisslinien reduzierte Darstellungen verwendet. Diese Illustrationen vor allem zum bewegten Körper wurden seit dem 18. Jahrhundert auch in zahlreiche Zeichenanleitungen aufgegriffen.
Die 1724 von Johann Georg Böhm besorgte deutsche Übersetzung von Leonardos Malereitraktat ist nicht nur im Rahmen von Leonardos europaweiter künstlerischer Reaktualisierung bzw. Inanspruchnahme im frühen 18. Jahrhundert zu verstehen (frz. Neuauflage 1716, engl. Übersetzung 1721). Alle diese Ausgaben reduzieren die anspruchsvollen Stiche zu den Körperhaltungen der Erstausgabe von 1651 auf Umrisslinien. Diese Illustrationstechnik geht nicht nur maßgeblich auf Sebastien Le Clerc zurück, selbst Autor mehrerer Zeichenbücher. In dieser Form sollten die Illustrationen zu Leonardo nun ihrerseits wiederum in zahlreiche Zeichenbücher übernommen werden (vgl. III.5.3 und 4).
III.5.1
Leonardo da Vinci
Praktisches Werk von der Mahlerey, Nürnberg: Weigel 1786
Universitätsbibliothek Heidelberg, C 6812-9-10 RES