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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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III. Wie wandern Zeichen-Vorlagen?

Jean Cousin: Livre de Pourtraicture

Bei der Publikation des französischen Künstlers Jean Cousin handelt es sich um einen schmalen Band im Querformat, der erstmals 1595 unter dem Titel Livre de Pourtraicture erschien und in der Folge zu einem der meist publizierten Zeichenbücher Frankreichs wurde. Erlernt werden soll das Zeichnen des menschlichen Körpers, den Cousin in der vorliegenden Tafel aus mehreren Perspektiven in einem Achsensystem darstellt. Die korrespondierenden anatomischen Landmarken sind dabei durch horizontale und vertikale sowie diagonale Linien miteinander verbunden.
Bis ins 19. Jahrhundert wurde das Buch über 20 Mal bei verschiedenen Verlegern veröffentlicht, wobei es ab 1685 unter dem Titel L’Art de Dessiner erschien. Wurden die originalen Bildtafeln beibehalten und nur um wenige Stücke ergänzt, so unterlagen sowohl ihre Anordnung als auch die Texte im Zuge der zahlreichen Editionen zum Teil starken Überarbeitungen.

Bei der Publikation des Jean Cousin, die hier in vier verschiedenen Ausgaben gezeigt wird, handelt es sich um das am längsten aufgelegte Zeichenbuch in Europa. Der französische Maler Jean Cousin d.Ä. (um 1490-1560/61) sah zu Lebzeiten nur die Publikation seines Livre de Perspective (Paris: Le Rojer 1560), in dessen Vorwort bereits ein weiteres Zeichenbuch angekündigt wird. Dieses zweite Werk brachte allerdings erst Jahrzehnte später der Sohn Jean Cousin d.J. zum Druck. Von 1595 bis ins zweite Viertel des 19. Jahrhunderts wurde diese überaus erfolgreiche Anleitung dann aber immer wieder nachgedruckt und in vielen anderen Zeichenbüchern rezipiert. Dabei veränderten sich die Illustrationen nur minimal – in der Ausgabe von 1685 wurden einige Tafeln mit antiken Statuen ergänzt, in den Ausgaben ab 1799 das Quer- in ein größeres Hoch-Format verändert und anstatt Holzschnitten Radierungen verwendet. Während sich der künstlerische Stil im Zeitraum vom späten 16. bis ins frühe 19. Jahrhundert teils radikal wandelte, lieferten die Zeichenvorlagen Cousins so eine erstaunliche Konstante. Neben Tafeln zur Anatomie und zur Proportion von Mann, Frau und Kind dürfte der Erfolg des Werkes vor allem auch darauf beruhen, dass Cousin anschaulich vorführt, wie ein perspektivisch verkürzter menschlicher Körper(teil) durch einfache geometrische Hilfskonstruktionen im Raum in eine andere Position gedreht werden kann.

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