I. Warum zeichnen?
Wissenschaftliches Zeichnen
Die Geschichte der Naturwissenschaften ist bis ins 20. Jahrhundert hinein untrennbar mit der Geschichte des Zeichnens und damit des Zeichenbuchs verbunden. So wurden seit Jahrhunderten komplizierte Theoriebildungen in Form von Graphiken veranschaulicht. Außerdem war die Zeichnung das wichtigste Medium des Naturstudiums, da sie die Möglichkeit bot, Bestandteile der vielfältigen Natur wie etwa Pflanzen oder Tiere zu isolieren, zu untersuchen und schließlich in eine künstliche Ordnungsstruktur zu überführen. Darüber hinaus versprach man sich von der Praxis des Zeichnens und der damit verbundenen Notwendigkeit des genauen Beobachtens auch die Ausbildung des Auges zu einem differenzierenden, analytisch agierenden Sinnesorgan.
Im Jahr 1840 erschien das von James Hamilton Fennell (1835-1860) verfasste und von Elizabeth Steele Perkins illustrierte Zeichenbuch Drawing-Room Botany. Die Publikation ist als Leitfaden für ein grundlegendes biologisches Verständnis von Blumen konzipiert und richtet sich – besonders in Anbetracht der lediglich 32 Textseiten – an ein interessiertes und kunstorientiertes Laienpublikum. Tafel 3 zeigt eine Vertreterin der „Monandria“, einer Pflanze mit nur einem Staubblatt, die in drei verschiedenen Wachstumsstadien wiedergegeben wird. Die Präzision der Darstellungen, die auf die Wiedererkennbarkeit der einzelnen Pflanzenteile zielt, basiert auf wissenschaftlichen Studien, die das Fundament einer jeden mimetischen Pflanzendarstellung bilden.
I.3.1
James Hamilton Fennell
Drawing-Room Botany, London: Thomas 1840
Privatsammlung