I. Warum zeichnen?
Ziele des Zeichenbuchs
Zeichenlehrbücher begleiten die Ausbildung europäischer Zeichner seit der Frühen Neuzeit. Ein schlaglichtartiger Rückblick auf die Gattungsgeschichte und besonders auf die programmatischen Titelblätter einiger einflussreicher Manuale macht deutlich, wie sich der Anspruch an das Medium ‚Zeichnung’ und die Schwerpunkte des Zeichenunterrichts mit der Zeit wandelten.
Gérard de Lairesse (1640/41 – 1711) zeigt als Eingangsbild seiner sehr erfolgreichen Zeichenschule, wie der ‚strahlende Geist‘ eines Knaben zu einer Statue der Natur geleitet wird: Zeichnen erscheint hier als Medium und ‚Weg‘ zum Naturstudium und zur Naturerkenntnis. Lairesses Zeichenbuch wurde mehrfach aufgelegt und übersetzt (dt. 1705, 1727, 1728, 1745; niederl. 1713, 1766; franz. 1719, 1746; engl. 1777), wobei spätere Ausgaben zum Teil massive Textkürzungen erfuhren. Bis ins 19. Jahrhundert war es eines der wichtigsten Zeichenbücher Europas.
I.1.1
Gérard de Lairesse
Grondlegginge Ter Teekenkonst, Amsterdam: Willem de Coup 1701
Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, CA 282/303 (1 R