IV. „Trotz allen Buchstudiums geht doch nichts über die Anschauung“ –
die bibliophilen Quellen und Gartenreisen
„Das Auge sucht mit Sehnsucht einen Abschluss“ – Gotheins Sicht auf den Hortus Palatinus
Das wohl ehrgeizigste Gartenprojekt der Renaissance in Deutschland findet keine Gnade vor Marie Luise Gotheins Augen. Sie misst den Hortus Palatinus an italienischen Vorbildern und kritisiert daher vor allem den fehlenden Achsenbezug von Garten und Schloss. Zu ihrer Zeit war der Garten allerdings auch in einem äußerst schlechten Zustand.
Über die landschaftliche Umgebung Heidelbergs wird in Briefen des Ehepaars immer wieder geschwärmt. Vor allem kurz vor dem Umzug von Bonn in die Stadt am Neckar versuchte Eberhard Gothein seiner Frau die Reize von Neckartal, Rheinebene und Odenwald mit seinen Beschreibungen nahe zu bringen:
„In der Zwischenzeit zweier Regen bin ich aber doch über den Philosophenweg gegangen, um zu finden, daß eigentlich die Aussicht gerade dann am Herrlichsten ist. Die Ebene war durch die verschiedenartigen Wolkenmassen und durchbrechenden Sonnenstrahlen in ganz abenteuerlicher Weise beleuchtet, die Hardt und sogar der Nordrand des Schwarzwalds waren als dunkelblaue teils aber auch goldenstrahlende Mauern in ganzer Ausdehnung sichtbar, in den Schluchten der Berge hingen einzelne weiße Wölkchen, während das Buchengrün der Wälder, das Schloß und unten die Stadt von Zeit zu Zeit in glühenden Farben aufleuchteten.“ [Seite 1r, Zeile 5ff.]
Der Heidelberger Schlossgarten – zu dieser Zeit in wenig ansprechendem Zustand – wird in der Korrespondenz jedoch nicht erwähnt.
IV.5a
Eberhard Gothein: Brief an Marie Luise Gothein, „Heidelberg 8/5 04“
UB Heidelberg, Heid. Hs. 3484,672