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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

IV. „Trotz allen Buchstudiums geht doch nichts über die Anschauung“
die bibliophilen Quellen und Gartenreisen

„Ein homerischer Tag“ – die Reise nach Griechenland

Mit großer Ehrfurcht vor der griechischen Kunst und Kultur reiste Marie Luise Gothein im Spätherbstnach Griechenland. Es war die Hochphase der Ausgrabungen antiker Stätten, an der sie vor Ort teilhaben konnte. Aus diesen Überresten konstruierte sie ihr Bild des griechischen Gartens.

Der Archäologe Wilhelm Dörpfeld, ein überaus produktiver und methodisch erfolgreicher Leiter von Ausgrabungen, veröffentlichte in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts seine Erkenntnisse und Photos in den „Athenischen Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts“. Darauf griff Marie Luise Gothein maßgeblich zurück. Ihre Thesen in der „Geschichte der Gartenkunst“ geben unmittelbar den damaligen Wissens- und Ausgrabungsstand wider.

Gothein bereiste die Ausgrabungsstätten zusammen mit ihrem langjährigen Freund, dem Archäologen Georg Karo, der ab 1910 als Nachfolger von Dörpfeld das Deutsche Archäologische Institut in Athen als Direktor leitete.

Leider sind von ihrer Reise nach Griechenland 1911 nur zwei Briefe erhalten; sie stammen aus Kreta, vom 12. und 13. November. Angekommen waren die Reisenden Mitte Oktober in Athen.

Der Brief vom 12. und 13. November berichtet von einem Exkursionsritt in das Idagebirge, von der Ausgrabungsstätte eines mykenischen Palastes, der griechischen Gastfreundschaft und Landschaft. Er fließt in Umfang und Stil über vor Euphorie über die „trunkene Fülle von Schönheit“ und entsprechend ehrfürchtig klingt auch Gotheins Urteil über griechische Kunst:

„wenn man vor dem Parthenon steht und auch nur das herrliche Gefüge dieses Baues sieht, dann weiß man, das konnte nur ein Volk schaffen, das aus seiner Kraft eben die höchste Sprosse erreicht [...] hier in Kreta und seiner Königskultur ist es schon anders, das wieder konnte nur ein höfisch bis auf letzte ausgebildetes Wesen zu solch einer Feinheit und Schönheit treiben. Gewiss das höchste ist den Göttern dort auf der Akropolis geschaffen, wenn je dann habe ich das jetzt mit dankbarem und ehrfurchtsvollem Herzen empfunden.“ [Briefzitat aus IV.4b; Brief nicht online verfügbar]

Digitales Faksimile (a)

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