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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

IV. „Trotz allen Buchstudiums geht doch nichts über die Anschauung“
die bibliophilen Quellen und Gartenreisen

„Da habe ich lange […] unten am Wasser gesessen, und die Schönheit getrunken“ – die italienische Gartenreise

Als Marie Luise Gothein Mitte April 1905 in Richtung Italien aufbrach, um die Gärten der Renaissance und des Barock zu studieren, waren viele davon dem Verfall preisgegeben. Mit Hilfe ihrer Phantasie, historischer Stiche und anhand von Plänen imaginierte sie den idealen Originalzustand der Anlagen.

Wer heute italienische Gärten besucht, kann sich nicht mehr vorstellen, in welchem Zustand Marie Luise Gothein manche Anlagen antraf. In den Vogelhäusern der Villa Lante bei Bagnaia waren Schweine untergebracht, in den verwilderten Partien der Villa Caprarola bei Viterbo bleichten die Dienstmädchen die Wäsche.

Auf alten Plänen Roms fand Gothein den Villenkranz, der die Stadt einst umgab und schickte in einem Brief vom 5. Mai 1905 eine Skizze an den Ehemann mit dem Bedauern, dass dieses klare Bild nun zerstört sei. Seit 1871 expandierte die ewige Stadt als neue Hauptstadt des geeinten italienischen Königreiches über alte Stadtbefestigungen und diesen nahe gelegene Villengärten hinaus.

Obwohl sie zuerst oft enttäuscht war vom Zustand der Gärten, nutzte sie ihre Phantasie und ihr Wissen über die Anlagen, um diese vor ihrem geistigen Auge wiederherzustellen. Historische Quellen wie etwa Giorgio Vasaris Künstlerviten des 16. Jahrhunderts halfen ihr dabei:

„Anfangs enttäuschte mich die Kleinheit und Nacktheit des Gartens hinter Castello aber allmählich wurde Vasaris Schilderung aus den Trümmern immer deutlicher und klarer wurde mir alles, ich setzte die herrlichen Brunnen an ihre alte Stelle das Labyrinth wuchs empor, die Wände belebten sich mit Blumen, die Statuen erstanden auf ihren Postamenten und die Grotten ertönten von künstlichem Vogelsang und Wasserorgelklang [...].“ [Briefzitat aus IV.1b; Brief nicht online verfügbar]

Einen zeitgenössischen Eindruck vom Zustand der römischen und florentinischen Gärten vermitteln die Photographien des Briten Charles Latham. Er hielt in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts deren Faszination für seine Italienbegeisterten Landsleute fest. Bei einem gesellschaftlichen Lunch in Rom traf Gothein dessen Co-Autorin Evelyn March Phillipps.

Auch Gothein setzte dem Verfall der Gärten ihr Buchprojekt entgegen. Ihr Ziel war es, ein Urbild der Gartenanlagen zu (re)konstruieren.

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