Rückblick: 'Es ist schon eine wunderbare Zeit, die ich jetzt lebe' –
Die Heidelberger Gelehrte Marie Luise Gothein (1863-1931)
(http://gothein2014.uni-hd.de)
Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg
29. April 2014 – 31. August 2014
geöffnet täglich 10-18 Uhr
an Feiertagen geschlossen
Die 1914 erschienene „Geschichte der Gartenkunst“ Marie Luise Gotheins ist immer noch ein Bestseller. Eine Zweitauflage, fünf Nachdrucke und zwei Übersetzungen später hat das Buch nichts von seiner Faszination verloren – doch ist es an der Zeit, Werk und Person in ihrem historischen Kontext zu verorten. Die Ausstellung in der Universitätsbibliothek Heidelberg nimmt das 100-jährige Veröffentlichungsjubiläum der „Geschichte der Gartenkunst“ zum Anlass, das Leben und Werk der vernachlässigten Heidelberger Gelehrten Marie Luise Gothein in einer Gesamtschau zu präsentieren.
Bevor sich Gothein mit ihrer Weltgeschichte der Gärten einen Namen machte, war sie schon lange als Wissenschaftlerin aktiv. Als Frau des Professors für Nationalökonomie, Eberhard Gothein (1853-1923), hatte sie Teil an seiner Bildung und bewegte sich in den akademischen Kreisen Karlsruhes, Bonns und Heidelbergs. Sie lebte den „Heidelberger Geist“, diskutierte mit Max und Alfred Weber, Georg Lukács und Albrecht Dieterich; sie war befreundet mit Else von Richthofen-Jaffé und der jungen Generation Wissenschaftler und Künstler, die in Stefan Georges Bann geriet.
Die „Geschichte der Gartenkunst“ – „ein fundamentales Werk“
Die Ausstellung beleuchtet in ihrer ersten Sektion die Genese der „Geschichte der Gartenkunst“ und vollzieht die Wirkung von Gotheins Hauptwerk nach bis hin zur italienischen Übersetzung von 2006, die sich als „Hommage an dieses bis heute fundamentale Werk“ versteht.
Der Erste Weltkrieg als Zäsur
Von Ostpreußen an verfolgt die zweite Sektion den Weg der Wissenschaftlerin hin zur „dritten letzten Heimat“ Heidelberg. Sie greift dabei auf Gotheins umfänglichen Briefnachlass zurück. Bislang unveröffentlichte historische Photographien vermitteln ein lebensnahes Bild. Der erste Weltkrieg erscheint als Zäsur: Einer ihrer vier Söhne starb, ein weiterer wurde verletzt. Mit welchen Strategien Gothein versuchte, sich von der Krise, die der Krieg auslöste, zu befreien, wird in dieser Sektion deutlich.
Ein Forscherleben gegen Widerstände
Ihre anglistischen und religionswissenschaftlichen Studien ebenso wie die ‚Früchte’ ihrer Fernost-Reise sind Teil ihres Gesamtwerkes, das in der dritten Abteilung beleuchtet wird. Diese vollzieht die Entwicklung ihrer Interessen nach und berichtet von Konkurrentinnen und Widerständen, mit denen sich Gothein auseinandersetzen musste. Und doch zeigt sie, wie Gotheins Ideal von Bildung sich immer wieder durchsetzte.
„Eine wunderbare Zeit” – auf weltweiter Studienreise
Für ihr großes Gartenbuch reiste Gothein durch ganz Europa und genoss das Privileg, Kunst, Kultur und Natur vor Ort zu studieren: „eine wunderbare Zeit“ verlebte sie auf ihrer italienischen Reise 1905. Am Ende ihres Lebens erfüllte sie sich einen Traum mit ihrer exotischen Studienreise nach Indonesien, China und Japan.
Von diesen Reisen und Gotheins bibliophilen Quellen berichtet der vierte Teil, welcher historische und zeitgenössische Werke aus dem Bestand der UB präsentiert, die sie selbst in Händen hielt.
Die Ausstellung entwirft das Bild einer Forscherin, der als Frau der Zugang zur Universität verwehrt war, die jedoch mit Disziplin und einem Trendgespür für Themen ihre eigene akademische Laufbahn erstritt. Dafür ehrte sie die Universität Heidelberg in ihrem Todesjahr 1931 mit dem Doktorgrad honoris causa.
Briefe und Bücher digital einsehbar
Eine großer Teil der in der Ausstellung gezeigten Bücher und Briefe ist komplett digitalisiert, so dass in der Virtuellen Ausstellung nicht nur die „aufgeschlagene” Seite betrachtet, sondern das ganze Exponat durchgeblättert werden kann. Sie finden die Online-Publikation der Werke jeweils unter „Digitales Faksimile”.
Katalog
'Es ist schon eine wunderbare Zeit, die ich jetzt lebe' – Die Heidelberger Gelehrte Marie Luise Gothein (1863-1931)
hrsg. von Maria Effinger in Zusammenarbeit mit Karin Seeber
Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2014
(Schriften der Universitätsbibliothek Heidelberg, Band 14)
ISBN 978-3-8253-6307-9
Preis: 16,00 €
Kontakt
Universitätsbibliothek Heidelberg
Dr. Maria Effinger
Tel. 06221-54-3561
Kunstgeschichtliches Institut Freiburg
Karin Seeber