V. Tabulae anatomicae: Anatomische Illustrationen des 16. bis 19. Jahrhunderts
Ein Muskelmann des Vesalius
Die „Fabrica“ enthält insgesamt 14 Holzschnitte nach Vorlagen des Tizianschülers Jan Stephan von Calcar (1500–1546) mit der Darstellung von Muskelmännern, sieben davon in Vorderansicht, einen in Seitenansicht sowie sechs in Rückenansicht. Die in der Amsterdamer Ausgabe von 1617 in Kupfer gestochene „7. figur der Meuslein“ (Muskelmann) aus dem Kapitel „von den Musculis oder Meußlein“ zeigt einen mit einem Strick aufgehängten Leichnam, dessen hinsinkende Gestalt fast dramatisch wirkt.
Vesalius berichtete selbst, dass er für die Zeichner seiner großen, Muskelmänner zeigenden Tafeln die präparierten Leichname aufhängen ließ, damit sie in der für den Menschen natürlichen, aufrechten Haltung dargestellt werden konnten. Präpariert sind die Muskulatur des Schultergürtels und der oberen Extremitäten sowie das Zwerchfell (Diaphragma) mit seinen charakteristischen Öffnungen. Das Zwerchfell ist auch nochmals im Hintergrund dargestellt. Vesalius verglich es aufgrund seiner beiden Lendenschwänze (Pars lumbalis) mit einem zweischwänzigen Rochen. Der vordere Teil des Beckenringes und die dort entspringenden Muskeln wurden entfernt, um den Blick auf die weiter hinten liegende Muskelgruppe freizugeben.
Die letzte Tafel der Amsterdamer Ausgabe gibt unter dem Titel „Anatomicorum instrumentorum delineatio“ einen Tisch wieder, auf dem Sezierinstrumente ausgebreitet sind sowie ein auf dem Rücken liegendes Schwein.
V.8 Andras Vesalius: Anatomia viri in hoc genere Princip. Andreae Vesalii Bruxellensis. in qua tota humani corporis fabrica … ob oculos ponitur: additis unicuiq[ue] figuræ notis, et indicibus Alphabeticis … Opus perinsigne et utilißimum, nunc primum quam emendatißime editum, Amsterdam: Janßonius / Köln: Stephan Hemmerden, 1617, Taf. L, r (Reproduktion)
Universität Heidelberg, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Fd 6