I. Die Anfänge der Universität – Facultas artium
Jakob Micyllus und die Reform der Artistenfakultät
Der Humanist und Lyriker Jakob Micyllus (1503-1558) spielte eine wichtige Rolle bei der Reform der Artistenfakultät, die sich um eine Modernisierung ihres Lehrbetriebs bemühte. 1551 legte er eine Neufassung der Statuten der Artistenfakultät vor, die sich etwa ab 1580 Philosophische Fakultät nannte. Im Jahr 1556 amtierte Micyllus als Rektor und wurde von Kurfürst Ottheinrich mit der Überarbeitung der Statuten der Universität beauftragt.
Micyllus hatte 1533 gegen eine bescheidene Vergütung einen Lehrauftrag für Griechisch an der Heidelberg Universität angenommen. 1536 ging er als Rektor der Lateinschule nach Frankfurt, folgte dann aber 1547 einem zweiten Ruf nach Heidelberg als Professor für griechische Sprache und Literatur. 1548 wurde er Dekan der Artistenfakultät und 1549 Mitglied der Kommission zur Revision der Fakultätsbibliothek.
Micyllus gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der neulateinischen Poesie. Die von seinem Sohn herausgegebenen gesammelten Gedichte erschienen 1564 unter dem Titel „Sylvae”. Von seiner Tätigkeit als Herausgeber antiker Autoren ist besonders die Ovid-Ausgabe von 1543 zu nennen, die über zwei Jahrhunderte europaweit zu einem Bestseller wurde. Er übersetzte die Annalen und die „Germania” des Tacitus ins Deutsche, legte zusammen mit Joachim Camerarius d.Ä. eine lateinische Ausgabe der Werke Homers vor und überarbeitete die lateinische Grammatik Melanchthons. Auch seine hier gezeigte Livius-Ausgabe von 1533 ist die erste deutsche Übersetzung dieses Werkes.
Titus Livius: Römische Historien mit etlichen newen translation auß dem Latein, so kurtz verschinen jaren zu Meyntz im[m] hohen Thumbstifft, sampt nun dem vierdten theyl der Römischen Historien auß fünff Lateinischen büchern Liuij … verteutscht von Bernhard
Schöfferlin, Ivo Wittig, Nicolaus Carbachius u. Jac. Micyllus, Mainz: Schöffer 1533
UB Heidelberg, D 6100 A Folio RES